Kapitel VI

DER MINISTERRAT

UND REGIERUNGSVERWALTUNG

Artikel 146

1. Der Ministerrat leitet die Innen- und Außenpolitik der Republik Polen.

2. In die Zuständigkeit des Ministerrates fallen die Angelegenheiten der Staatspolitik, die nicht anderen staatlichen Organen oder der örtlichen Selbstverwaltung vorbehalten sind.

3. Der Ministerrat leitet die Regierungsverwaltung.

4. In dem durch die Verfassung und die Gesetze bestimmten Umfang und entsprechend den dort geregelten Grundsätzen hat der Ministerrat insbesondere folgende Aufgaben:

1) er gewährleistet die Ausführung der Gesetze,

2) er erläßt Rechtsverordnungen,

3) er koordiniert und kontrolliert die Arbeit der Organe der Regierungsverwaltung,

4) er schützt die Interessen des Staatsvermögens,

5) er beschließt die Vorlage des Staatshaushaltsgesetzes,

6) er leitet die Ausführung des Staatshaushalts und beschließt den staatlichen Rechnungsabschluß und den Bericht zur Haushaltsdurchführung,

7) er gewährleistet die innere Sicherheit des Staates und die öffentliche Ordnung,

8) er gewährleistet die äußere Sicherheit des Staates,

9) er übt allgemeine Leitung bezüglich der Beziehungen zu anderen Staaten und den völkerrechtlichen Organisationen aus,

10) er schließt völkerrechtliche Verträge ab, die der Ratifizierung bedürfen sowie bestätigt und kündigt andere völkerrechtliche Verträge,

11) er übt allgemeine Leitung im Bereich der Verteidigungsbereitschaft des Staates und bestimmt jährlich die Anzahl der zum Militärdienst einzuberufenden Staatsbürger,

12) er regelt die Organisation und das Verfahren seiner Arbeit.

Artikel 147

1. Der Ministerrat besteht aus dem Vorsitzenden des Ministerrates und den Ministern.

2. In den Ministerrat können stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates berufen worden.

3. Der Vorsitzende des Ministerrates und seine Stellvertreter können auch die Funktion eines Ministers ausüben.

4. In den Ministerrat können darüber hinaus auch Vorsitzende der durch Gesetz bestimmten Komitees berufen werden.

Artikel 148

Der Vorsitzende des Ministerrates:

1) vertritt den Ministerrat,

2) leitet die Arbeit des Ministerrates,

3) erläßt Rechtsverordnungen,

4) gewährleistet die Durchführung der Politik des Ministerrates und bestimmt die Weise ihrer Durchführung,

5) koordiniert und kontrolliert die Arbeit der Mitglieder des Ministerrates,

6) übt die Aufsicht über die örtliche Selbstverwaltung in den von der Verfassung und von den Gesetzen bestimmten Grenzen und Formen aus,

7) ist Dienstvorgesetzter aller Beamten der Regierungsverwaltung.

Artikel 149

1. Die Minister leiten bestimmte Bereiche der Regierungsverwaltung oder erfüllen die ihnen vom Vorsitzenden des Ministerrates übertragenen Aufgaben. Den Geschäftsbereich der Minister innerhalb der Regierungsverwaltung bestimmt das Gesetz.

2. Der Minister, der einen Bereich der Regierungsverwaltung leitet, erläßt Rechtsverordnungen. Der Ministerrat kann auf Antrag des Vorsitzenden des Ministerrates eine Rechtsverordnung oder eine Anordnung des Ministers aufheben.

3. Auf die in Art. 147 Abs. 4 genannten Komiteesvorsitzenden finden die für einen Minister, der einen Bereich der Regierungsverwaltung leitet, geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Artikel 150

Ein Mitglied des Ministerrates darf keine Tätigkeit ausüben, die im Widerspruch zu seinen öffentlichen Pflichten steht.

Artikel 151

Der Vorsitzende des Ministerrates, seine Stellvertreter und die Minister leisten vor dem Präsidenten der Republik Polen folgenden Eid:

"Ich trete das Amt des Vorsitzenden des Ministerrates (des stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates, des Ministers) an und schwöre feierlich, daß ich den Bestimmungen der Verfassung und dem Recht der Republik Polen treu bleiben werde und daß das Wohl des Vaterlandes und das Wohlergehen der Staatsbürger mir immer die höchste Pflicht sein werden."

Der Eid kann unter Hinzufügung des Satzes: "so wahr mir Gott helfe geleistet werden."

Artikel 152

1. Ein Wojewode ist ein Vertreter des Ministerrates in der Wojewodschaft.

2. Das Verfahren der Berufung und Abberufung der Wojewoden sowie deren Geschäftsbereich werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 153

1. Die Beamtenschaft in den Behörden der Regierungsverwaltung gewährleistet die berufsmäßige, redliche, unparteiische und politisch neutrale Erfüllung der Staatsaufgaben.

2. Der Vorsitzende des Ministerrates ist Vorgesetzter der Beamtenschaft.

Artikel 154

1. Der Präsident der Republik Polen bestimmt den Vorsitzenden des Ministerrates, der die Mitglieder des Ministerrates vorschlägt. Der Präsident der Republik Polen beruft den Vorsitzenden des Ministerrates zusammen mit übrigen Mitgliedern des Ministerrates innerhalb von vierzehn Tagen nach der ersten Sitzung des Sejm oder nach der Annahme des Rücktritts des vorigen Ministerrates und nimmt den Mitgliedern des neuberufenen Ministerrates den Eid ab.

2. Innerhalb von vierzehn Tagen nach der Berufung durch den Präsidenten der Republik Polen stellt der Vorsitzende des Ministerrates dem Sejm das Arbeitprogramm des Ministerrates vor und beantragt, ihm das Vertrauen auszusprechen. Das Vertrauen wird vom Sejm mit absoluter Stimmenmehrheit in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Abgeordnetenzahl ausgesprochen.

3. Wird der Ministerrat nicht gemäß dem im Abs. 1 festgestellten Verfahren berufen oder erhält er nicht gemäß Abs. 2 das Vertrauen ausgesprochen, wählt der Sejm innerhalb von vierzehn Tagen nach Ablauf der im Abs. 1 oder in Abs. 2 bestimmten Fristen den Vorsitzenden des Ministerrates und die von ihm vorgeschlagenen Mitglieder des Ministerrates mit absoluter Stimmenmehrheit in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Abgeordnetenzahl. Der Präsident der Republik beruft den auf diese Weise gewählten Ministerrat und nimmt dessen Mitgliedern den Eid ab.

Artikel 155

1. Wird der Ministerrat nicht gemäß dem in Art. 154 Abs. 3 bestimmten Verfahren berufen, beruft der Präsident der Republik innerhalb von vierzehn Tagen den Vorsitzenden des Ministerrates und auf dessen Vorschlag die übrigen Mitglieder des Ministerrates und nimmt ihnen den Eid ab. Innerhalb von vierzehn Tagen nach der Berufung des Ministerrates vom Präsidenten der Republik spricht ihm der Sejm das Vertrauen mit der Mehrheit der Stimmen in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Abgeordnetenzahl aus.

2. Wird dem Ministerrat das Vertrauen nicht gemäß Abs. 1 ausgesprochen, verkürzt der Präsident der Republik die Amtszeit des Sejm und ordnet Wahlen an.

Artikel 156

1. Die Mitglieder des Ministerrates tragen vor dem Staatsgerichtshof die Verantwortung für die Verletzung der Verfassung oder der Gesetze, sowie für im Zusammenhang mit dem bekleideten Amt begangene Straftaten.

2. Den Beschluß, ein Mitglied des Ministerrates vor dem Staatsgerichtshof zur Verantwortung zu ziehen, faßt der Sejm auf Antrag des Präsidenten der Republik Polen oder von mindestens 115 Abgeordneten mit einer Mehrheit von drei Fünfteln der gesetzlichen Abgeordnetenzahl.

Artikel 157

1. Die Mitglieder des Ministerrates sind vor dem Sejm für die Tätigkeit des Ministerrates gemeinsam verantwortlich.

2. Die Mitglieder des Ministerrates sind zugleich vor dem Sejm individuell verantwortlich für Angelegenheiten, die in ihren Zuständigkeitsbereich gehören oder mit denen sie vom Vorsitzenden des Ministerrates beauftragt worden sind.

Artikel 158

1. Der Sejm spricht dem Ministerrat das Mißtrauen mit der Mehrheit der gesetzlichen Abgeordnetenzahl aus. Ein diesbezüglicher Antrag muß von mindestens 46 Abgeordneten gestellt werden und den Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden des Ministerrates benennen. Wird der Beschluß vom Sejm angenommen, nimmt der Präsident der Republik Polen den Rücktritt des Ministerrates entgegen und beruft den neuen vom Sejm gewählten Vorsitzenden des Ministerrates und die übrigen Mitglieder des Ministerrates auf dessen Vorschlag und nimmt ihnen den Eid ab.

2. Ein Antrag gemäß Abs. 1 kann nicht früher als sieben Tage nach seiner Einbringung zur Abstimmung gebracht werden. Ein erneuter Antrag kann nicht früher als drei Monate nach Vorlage des vorigen Antrags gestellt werden. Der erneute Antrag darf vor Ablauf von drei Monaten gestellt werden, wenn er von mindestens 115 Abgeordneten eingebracht wird.

Artikel 159

1. Der Sejm kann einem Minister das Mißtrauen aussprechen. Der Mißtrauensantrag kann von mindestens 69 Abgeordneten gestellt werden. Die Vorschrift des Art. 158 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

2. Der Präsident der Republik beruft den Minister ab, dem der Sejm das Mißtrauen mit der Stimmenmehrheit der gesetzlichen Abgeordnetenzahl ausgesprochen hat.

Artikel 160

Der Vorsitzende des Ministerrates kann im Sejm beantragen, dem Ministerrat das Vertauen auszusprechen. Das Vertrauen wird dem Ministerrat mit der Mehrheit der Stimmen in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der gesetzlichen Abgeordnetenzahl ausgesprochen.

Artikel 161

Auf Vorschlag des Vorsitzenden des Ministerrates nimmt der Präsident der Republik Änderungen an der Besetzung des Ministerrates vor.

Artikel 162

1. In der ersten Sitzung des neugewählten Sejm bietet der Vorsitzende des Ministerrates den Rücktritt des Ministerrates an.

2. Der Vorsitzende des Ministerrates bietet den Rücktritt des Ministerrates auch dann an, wenn:

1) der Sejm dem Ministerrat das Vertrauen nicht ausspricht,

2) dem Ministerrat das Mißtrauen ausgesprochen wird,

3) der Vorsitzende des Ministerrates seinen Rücktritt anbietet.

3. Der Präsident der Republik nimmt den Rücktritt des Ministerrates entgegen und verpflichtet ihn, die Amtsgeschäfte bis zur Berufung des neuen Ministerrates weiterzuführen.

4. Der Präsident der Republik kann in dem im Abs. 2 Nr. 3 bestimmten Fall die Annahme des Rücktritts des Ministerrates verweigern.