Kapitel X

ÖFFENTLICHE FINANZEN

Artikel 216

1. Die für öffentliche Zwecke bestimmten Finanzmittel werden gemäß der im Gesetz bestimmten Weise gesammelt und ausgegeben.

2. Der Erwerb, das Veräußern und Belasten von Liegenschaften, Anteilen oder Aktien und die Ausgabe von Wertpapieren der Staatskasse, der Polnischen Nationalbank oder anderer staatlicher juristischer Personen erfolgt gemäß gesetzlich geregelten Grundsätzen und Verfahren.

3. Die Einführung eines Monopols erfolgt auf dem Gesetzesweg.

4. Die Aufnahme von Darlehen und die Gewährung von Garantien und Finanzbürgschaften durch den Staat erfolgt gemäß den Grundsätzen und der Verfahrensweise, die im Gesetz geregelt sind.

5. Es ist nicht gestattet, Darlehen aufzunehmen oder Garantien oder Finanzbürgschaften zu gewähren, infolge derer die öffentliche Schuld des Staates drei Fünftel des Wertes des jährlichen Bruttoinlandsprodukts übersteigt. Die Weise, in der der Wert des jährlichen Bruttoinlandsprodukts sowie die öffentliche Schuld berechnet werden, regelt das Gesetz.

Artikel 217

Das Auferlegen von Steuern und anderen öffentlichen Abgaben, die Festlegung der Grundlagen der Besteuerung und der Steuersätze erfolgt auf dem Gesetzeswege. Das gleiche gilt für die Grundsätze der Zuerkennung von Vergünstigungen und Niederschlagungen sowie die Festlegung von Personengruppen, die von der Steuer befreit sind.

Artikel 218

Den Aufbau der Staatskasse und die Weise, in der das Staatsvermögen zu verwalten ist, regelt das Gesetz.

Artikel 219

1. Der Sejm beschließt den Staatshaushalt für das Haushaltsjahr in Form eines Haushaltsgesetzes.

2. Grundsätze und Verfahrensweise der Ausarbeitung der Haushaltsgesetzesvorlage, die Anforderungen, insbesonders an ihre Ausführlichkeit, denen diese Vorlage genügen muß, sowie Grundsätze und Verfahrensweise der Ausführung des Haushaltsgesetzes regelt das Gesetz.

3. Ausnahmsweise können durch ein Gesetz zur provisorischen Ausgabenermächtigung die Einnahmen und Ausgaben des Staates für einen Zeitraum kürzer als ein Jahr beschlossen werden. Die die Haushaltsgesetzesvorlage betreffenden Vorschriften werden entsprechend auf die Vorlage des Gesetzes zur provisorischen Ausgabenermächtigung angewandt.

4. Tritt das Haushaltsgesetz oder das Gesetz zur provisorischen Ausgabenermächtigung nicht am Eröffnungstag des Haushaltsjahres in Kraft, führt der Ministerrat die öffentlichen Finanzen aufgrund der eingebrachten Gesetzesvorlage.

Artikel 220

1. Die Vergrößerung der Ausgaben oder die Einschränkung der vom Ministerrat geplanten Einkünfte darf nicht dazu führen, daß der Sejm ein größeres Hauhaltsdefizit als das in der Vorlage des Haushaltsgesetzes vorgesehene beschließt.

2. Das Haushaltsgesetz darf nicht vorsehen, daß das Haushaltsdefizit durch die Eingehung von Verbindlichkeiten der zentralen Staatsbank gedeckt wird.

Artikel 221

Das Vorschlagsrecht in bezug auf ein Haushaltsgesetz, ein Gesetz zur provisorischen Ausgabenermächtigung, ein Haushaltsänderungsgesetz oder ein Gesetz über die Aufnahme einer öffentlichen Schuld sowie in bezug auf ein Gesetz über die Gewährung einer Finanzgarantie durch den Staat steht ausschließlich dem Ministerrat zu.

Artikel 222

Der Ministerrat legt dem Sejm die Haushaltsgesetzesvorlage für das kommende Jahr spätestens drei Monate vor Beginn des Haushaltsjahres vor. In Ausnahmefällen ist eine spätere Vorlage des Entwurfes zulässig.

Artikel 223

Der Senat kann Änderungen des Haushaltsgesetzes innerhalb von zwanzig Tagen nach der Weiterleitung an ihn beschließen.

Artikel 224

1. Der Präsident der Republik unterzeichnet das Haushaltsgesetz oder das Gesetz zur provisorischen Ausgabenermächtigung innerhalb von sieben Tagen, nachdem ihm das Gesetz vom Sejmmarschall vorgelegt worden ist. Die Vorschrift des Art. 122 Abs. 5 findet auf das Haushaltsgesetz und das Gesetz zur provisorischen Ausgabenermächtigung keine Anwendung.

2. Ruft der Präsident der Republik vor der Unterzeichnung des Haushaltsgesetzes oder des Gesetzes zur provisorischen Ausgabenermächtigung den Verfassungsgerichtshof wegen der Vereinbarkeit dieses Gesetzes mit der Verfassung an, so hat der Verfassungsgerichtshof in dieser Angelegenheit nicht später als innerhalb von zwei Monaten nach der Antragstellung zu entscheiden.

Artikel 225

Wird die Haushaltsgesetzesvorlage nicht innerhalb von vier Monaten nach der Einbringung beim Sejm dem Präsidenten der Republik zur Unterzeichnung vorgelegt, kann der Präsident innerhalb von vierzehn Tagen die Verkürzung der Sejmamtszeit anordnen.

Artikel 226

1. Innerhalb von fünf Monaten nach dem Abschluß des Haushaltsjahres legt der Ministerrat dem Sejm den Bericht über die Ausführung des Haushaltsgesetzes zusammen mit einer Unterrichtung über die Staatsverschuldung vor.

2. Der Sejm erörtert den vorgelegten Bericht und beschließt, nachdem er sich mit dem Gutachten der Obersten Kontrollkammer vertraut gemacht hat, innerhalb von neunzig Tagen über die Entlastung oder Nichtentlastung des Ministerrates.

Artikel 227

1. Die Polnische Nationalbank ist die zentrale Staatsbank. Ausschließlich ihr steht das Recht zu, Geld auszugeben sowie die Geldpolitik zu bestimmen und durchzuführen. Die Polnische Nationalbank ist für den Wert des polnischen Geldes verantwortlich.

2. Organe der Polnischen Nationalbank sind der Präsident der Polnischen Nationalbank, der Rat für Geldpolitik und der Vorstand der Polnischen Nationalbank.

3. Der Präsident der Polnischen Nationalbank wird vom Sejm auf Vorschlag des Präsidenten der Republik für sechs Jahre berufen.

4. Der Präsident der Polnischen Nationalbank darf weder einer politischen Partei oder einer Gewerkschaft angehören noch eine öffentliche Tätigkeit ausüben, die sich mit der Würde seines Amtes nicht vereinbaren läßt.

5. Mitglieder des Rates für Geldpolitik sind der Präsident der Polnischen Nationalbank als sein Vorsitzender und Personen, die sich durch Kenntnisse im Bereich des Finanzwesens auszeichnen und die in gleicher Anzahl vom Präsidenten der Republik, dem Sejm und dem Senat für sechs Jahre berufen werden.

6. Der Rat für Geldpolitik bestimmt jedes Jahr die Grundlagen der Geldpolitik und legt sie dem Sejm zur Kenntnisnahme vor. Diese Vorlage erfolgt gleichzeitig mit der Einbringung der Haushaltsgesetzesvorlage durch den Ministerrat. Der Rat für Geldpolitik erstattet dem Sejm innerhalb von fünf Monaten nach dem Abschluß des Haushaltsjahres Bericht über die Durchführung der Grundkonzeptionen der Geldpolitik.

7. Den Aufbau und Grundsätze der Tätigkeit der Polnischen Nationalbank sowie ausführliche Grundsätze für die Berufung und die Abberufung ihrer Organe regelt das Gesetz.